Wuppertal / Denkmalliste

Denkmalliste

Details

Am Unterbarmer Friedhof 16 - Friedhofskapelle
Adresse Am Unterbarmer Friedhof 16
Stadtbezirk Barmen
Denkmalnummer 4235
Eintragungsdatum 10.07.2009
Schutzumfang gesamtes Gebäude und der Verbindungstrakt zum ebenfalls Denkmaleigenschaft aufweisenden Torhaus
Klassifizierung Denkmal
Beschreibung
Im Jahre 1880 wurde als frühestes Gebäude auf dem Gelände des 1822 eingeweihten Unterbarmer Friedhofs ein Torhaus an der nördlichen Zuwegung errichtet, das vorrangig als Wohnung des Totengräbers dienen sollte. Dort befand sich, neben einer Remise für Leichenwagen (östlich) auch eine sehr kleine, eingeschossige Aufbahrungshalle (westlich angebaut) mit Stellmöglichkeit für höchstens drei Särge. Der Bedarf für eine Friedhofskapelle war bis ins ausgehende 19. Jh. nicht gegeben, da nach traditioneller Sitte die Totenreden im Sterbehause und nicht am offenen Grab gehalten wurden. Ebenfalls vom Sterbehaus aus fand i.d.R. der Trauerzug seinen Ausgang. Die Aufbahrungshalle war schlichtweg zu klein, um eine größere Trauergemeinde fassen zu können. Erst im Jahre 1904 ist festzustellen, dass die Leichenhalle "vergrößert und würdig ausgestattet" wurde. Im Folgejahr wurde ein Ofen aufgestellt und über die Verlegung eines Terrazzobodens nachgedacht. Planungen für eine Friedhofskapelle gibt es erstmals im Jahre 1911. 1913 jedoch hieß es wieder, der Bau liege noch "in weiter Ferne". Überlegungen, ein Provisorium zu errichten (1914), wurden ebenfalls nach wenigen Monaten widerrufen. Im Jahre 1915 rief die Gemeinde zu einem Architektenwettbewerb auf und lobte Preisgelder in Höhe von 2.000,-- Mark aus (Bewerbungsschluss war der 1. Juni 1915). Immerhin 36 Vorschläge gingen ein. Anstelle eines ersten Platzes entschloss sich die Jury zur Vergabe von zwei zweiten Plätzen, die jeweils mit einem Preisgeld von 800 Mk. dotiert waren, und an Eugen Rückle (Motto: "Unterbarmen") und Karl Conradi (Motto: "In ernster Zeit") vergeben wurden. Der dritte Platz wurde einem Vorschlag von Peter Klotzbach zugesprochen (Motto: "Krieg und Heimat"). Überdies entschloss sich die Gemeinde zum Ankauf von drei weiteren Wettbewerbsentwürfen zu je 200 Mk (Firma Schönhut & Schnabel, Otto Silberberg und eine zweite Einsendung von Eugen Rückle). Die Architekten der prämierten und angekauften Entwürfe stammten somit alle aus Barmen. Alle Entwürfe wurden vom 1. bis 8. Juli 1915 im Saal des Unterbarmer Gemeindehauses ausgestellt, darüber hinaus war geplant, die Entwürfe in der Zeitschrift "Deutsche Konkurrenzen" zu publizieren (Herbst 1915 / Frühjahr 1916). Kriegsbedingt wurde der Baubeginn immer wieder verschoben. Wiederum aufkommende Überlegungen, zunächst ein Provisorium zu errichten, wurden aus Kostengründen verworfen (1917). Eine endgültige Entscheidung zum Bau fiel 1919; dabei ging es jedoch nicht mehr um einen Neubau, sondern um den Umbau des Bestandes und den Anbau einer kleinen neoromanischen Saalkirche, kalkuliert auf 59.000,- Mark. Nach diversen Umbauten und Veränderungen der Anlage von 1880 ergab sich im April 1920 folgendes Bild: Das Torhaus mit einem Einsegnungsraum (Fassungsvermögen max. 30 Personen) auf der westlichen Seite, ein kleiner Sitzungsraum und ein Treppenhausanbau zur Totengräberwohnung auf der östlichen Seite. Westlich angegliedert wurden weitere Anbauten (Leichenhalle, Geräteraum, Stall, Toiletten). Die Einweihung der kleinen Kapelle erfolgte im Juni 1920. Die Baumaßnahmen wurden durchgeführt unter Baumeister Albrecht Theis aus Barmen. Schon sehr bald wurde jedoch deutlich, dass die Baumaßnahmen unzureichend und zudem qualitativ fragwürdig waren. Insbesondere die kleine Saalkirche wies bereits wenige Jahre nach Errichtung erhebliche, materialbedingte Baumängel auf. Zudem entsprach sie nicht den gewachsenen personellen Ansprüchen. Infolgedessen fasste das Presbyterium am 11. Juni 1928 den Beschluss zu Umbau- und Neubaumaßnahmen. Im Zuge dieser Maßnahmen entstand die heutige Kapelle, die in Abkehr vom Historismus das Vorgängerbaus einem für die 20er Jahre typischen Traditionalismus verpflichtet ist. Umgesetzt wurde ein Entwurf von Prof. Peter Klotzbach (Entwurfskosten 2000,-Reichsmark), der auch die Baumaßnahmen bis zur Fertigstellung im Jahre 1929 (Einweihung 1. Juni 1929) begleitete. Das Gebäude gibt sich als schlicht verputzter Massivbau auf rechteckigem Grundriss. Nördlich vorgelagert führt eine seitliche Treppe auf die rustikale Bruchsteinterrasse die von einem dreibogigen Arkadensegment mit Pfeilerstellungen überfangen bzw. verdacht wird. Auf dem rechten Postament des östlichen Eingangstorbogens befindet sich ein vom Wuppertaler Künstler Ernst Hahn (geb. 11.11.1892 in Bochum, gest. 22.07.1957 in Wuppertal) geschaffener, lebensgroßer "Steinerner Engel", für den aus seinem Freundeskreis die Gattin des Pianisten Harald Hellmannsberger Modell gestanden hatte. Das ziegelgedeckte Walmdach trägt einen kupferbeschlagenen Dachreiter, der als Entlüftung und Glockenturm dient. Die neun hochrechteckigen, traufseitigen, farbigen Figurenfenster entstanden nach Entwürfen des Züricher Malers Guiseppe Scartezzi (Entwurfskosten 2.000,-Franken) und wurden unter Anleitung des Künstlers im Atelier von Gustav von Treeck in München zum Preis für je 300,- RM gefertigt. Die Metallplatte "verlorener Sohn" und die ursprünglichen Beleuchtungskörper, die im Zuge der 1958er Renovierung ausgetauscht wurden, schuf Reinold Kirsch (München?), die ursprünglichen Binsengeflechtstühle (Kosten: 6.087,60 RM), die durch "Vereinigte Werkstätten für Kunst im Handwerk", München, hergestellt wurden, mussten schon bald wegen starken Strohfliegenbefalls ausgetauscht werden. Die Orgel (siehe Baudenkmal Nr. 4233) mit zwei Manualen und einem Pedalwerk stammt aus dem Hause Pius Furtwängler und Adolf Hammer, Hannover (fertig gestellt 1928). Die ursprüngliche Glocke (Bronzeglocke "c", von Johann Georg Pfeiffer, Kaiserslautern, wurde im 2. Weltkrieg eingezogen. 1950/51 wurde eine neue Glocke vom Bochumer Verein erworben. (1000,- DM, Stahlglocke "cis", 274 kg, mit Zubehör und Klöppel 415 kg, Durchmesser 840mm). Die alte Läutemaschine wurde 1960 ersetzt. Der Sargaufzug aus der im Untergeschoss befindlichen Leichenhalle erhielt 1960 durch die Fa. Mühleissen einen elektrischen Antrieb. Umfangreiche Nachkriegsrenovierungsarbeiten (1958, Anstrich, Erneuerung der Beleuchtungskörper, Orgelüberholung) verliehen der Kirche ihr heutiges Gepränge im Inneren. Erhaltung und Nutzung der Kapelle liegen gemäß § 2 (1) DSchG aus städtebaulichen, wissenschaftlichen, künstlerischen sowie volkskundlichen und stadthistorischen Gründen im öffentlichen Interesse. Die Unterschutzstellung erstreckt sich auf das gesamte Gebäude und den Verbindungstrakt zum ebenfalls Denkmaleigenschaft aufweisenden Torhaus.