Wuppertal / Denkmalliste

Denkmalliste

Details

Glanzstoff-Gebäude - Hochhaus
Adresse Kasinostr. 19
Stadtbezirk Elberfeld
Denkmalnummer 4189
Eintragungsdatum 19.07.2001
Schutzumfang Gebäude mit Grünfläche
Klassifizierung Denkmal
Beschreibung
Kasinostr.19-23 Für das o. g. Objekt liegen die gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen gem. § 2 DSchG NW zur Begründung des Denkmalwertes vor. Bestandteil des Flächendenkmals bilden folgende Teile des Gebäudekomplexes: - das Hochhausgebäude, - der südwestlich an das Hochhaus grenzende Verbindungsbau zum ehemaligen Apollo-Kino, - das Kasinogebäude mit beidseitigen Verbindungsbau zum Hochhaus und TTI sowie dem angrenzenden Baukörper Herzogstr. 31, - die Staffelbauten des Textil-Teschnischen-Institutes an der Bankstraße, - die umgebenden Freiflächen sowie die von der Gebäudegruppe begrenzte Freifläche mit altem Baumbestand im Zentrum. Lage Die Gebäudegruppe, im Herzen Elberfelds liegend, nimmt das Grundstück zwischen Kasinostraße, Herzogstraße und Bankstraße ein und öffnet sich mit einer weiträumigen Freifläche hufeisenförmig zur Wupper hin. In der Mitte des Freiraumes und Architekturplatzes heute wird er als Parkplatz genutzt befindet sich eine Gruppe alter Bäume, die der Architekt bei seinen Planungen zu erhalten hatte. Der alte Baumbestand wurde geradezu zum Ausgangspunkt des Gesamtentwurfes und beeinflusste de Architekten bei seiner Planung wesentlich. Geschichte Der Gebäudekomplex der Vereinigte Glanzstoff-Fabriken AG wurde zwischen 1954 bis 1964 nach Plänen des Architekten Hanns Dustmann in mehreren Bauabschnitten errichtet. Nach Durchführung des Hochhauses avancierte Dustmann bald zum Hausarchitekten der Firma Glanzstoff. 1954 hatte die Direktion der Vereinigten Glanzstoff-Fabriken AG Dustmann die Aufgabe gestellt, eine grundsätzliche Lösung für das Raumproblem der Hautpverwaltung zu finden, die damals an 17 verschiedenen Stellen in Wuppertal verstreut untergebracht war. Mit der Forderung nach einem größeren Raumbedarf stellte sich gleichzeitig die Frage nach der richtigen Raumkonzeption. Mit der Unterbringung der Verwaltung in einem Hochhausgebäude gelang Dustmann zum Einen eine wirtschaftlich günstige Lösung mit kürzeren Verkehrswegen und an Stelle der Zersplitterung eine Konzentration der Arbeitskräfte und Optimierung von Verwaltungsarbeitsabläufen. Die Durchführung des ersten von Dustmann vorgelegten Bauprojektes wurde auf Grund der Überschreitung der 1954 vom Aufsichtsrat genehmigten Bausumme von 12 Millionen DM verworfen. Da das Unternehmen dennoch an einem Hochhausprojekt festhalten wollte, kam schließlich der zweite Hochhausentwurf Dustmanns, der wesentliche konstruktive Veränderungen aufwies und den finanziell gesteckten Rahmen exakt einhielt, zur Durchführung. Dem Wunsch des Bauherrn entsprechend waren die Bauten zudem "vom Standpunkt der reinen Zweckmäßigkeit her zu entwickeln, in einer möglichst herben und strengen Formensprache, die modern und doch zeitlos" wirken sollte. Durch eine sparsame, aber gediegene Außen- und Innengestaltung sollte auch ein zurückhaltender, aber angemessener Repräsentationsanspruch des bedeutenden Industrieunternehmens geltend gemacht werden. Oberstes Ziel der Gesamtplanung bestand jedoch im Sinne modernen Städtebaus in der harmonischen Einbindung des Gebäudekomplexes ins Stadtbild. Durch einen lebendigen Wechsel hoher und niedriger Baukörper, durch Einbeziehung von Pflanzen, Blumen und Grünflächen sollte eine architektonisch frische und moderne Note in das enge Weichbild Wuppertals gebracht werden. Oberstes Ziel der Gesamtplanung bestand jedoch im Sinne modernen Städtebaus in der harmonischen Einbindung des Gebäudekomplexes ins Stadtbild. Durch einen lebendigen Wechsel hoher und niedriger Baukörper, durch Einbeziehung von Pflanzen, Blumen und Grünflächen sollte eine architektonisch frische und moderne Note in das enge Weichbild Wuppertals gebracht werden. Baubeschreibung Mit dem Hochhauskörper der in Nord-Süd-Richtung angelegten Gebäudegruppe hat der Architekt einen großen architektonischen Riegel und städtebaulichen Akzent ins Wuppertal setzen und dem lang gestreckten städtischen Organismus eine bewusste Zäsur verleihen wollen. Das 15-geschossige Hochhaus, dem gegenüber alle übrigen Bauten eine untergeordnete Stellung einnehmen, bildet das Herzstück der Gesamtanlage. Es ist über längsrechteckigem Grundriss errichtet und weist bei einer Grundfläche von 64 x 13,8 m eine Höhe von 55 m auf. Der Hochhauskörper ist nordsüdlich ausgerichtet, so dass die zweihüftig angeordneten Büroräume Ost- und Westlicht erhalten. Das Stahlbetonskelett des Hochhauses ist auf Grund des konstruktiv-statischen Systems der Windkraftteilung in drei gleich große, technisch selbstständige Gebäudetrakte gegliedert, die in der Vertikalen architektonisch zusammengefasst werden und die 3-achsige Rhythmisierung der Längsfronten bedingen. Das konstruktive Gefüge des flach gedeckten Baukörpers ist allseitig mit Travertin- und Gaubüttelbrunner Muschelkalkplatten verblendet, wobei die unterschiedliche Farbigkeit der Materialien zu einer klassischen Gestaltungsprinzipien verpflichteten Gliederung der Fassade genutzt wird. Das hellerfarbige Raster der Muschelkalkplatten gliedert den Baukörper in der Vertikalen und Horizontalen und assoziiert Strukturelemente wie Lisenen und Geschossgesimse. Auch Erd- und oberstes Geschoss mit einer Höhe von 4,80 m, im Gegensatz zu den 3,20 m hohen übrigen Geschossen, setzen für den flüchtigen Betrachter kaum wahrnehmbar Gliederungsakzente im Sinne einer Sockel- und Abschlussfunktion. Ein gleichförmiges Fensterraster rhythmisiert die Wandflächen, wobei die Schmalseiten 3-achsig ausgebildet sind und die Längsfronten je 8 Achsen pro Gebäudekompartiment aufweisen. Bei allen Fensteröffnungen sind noch die originalen 3-bahnigen Stahlrahmenfenster erhalten. Der Haupteingang an der westlichen Längsseite des Hochhauses ist mittig angeordnet und hat ein massiv wirkendes, konkav einschwingendes Vordach erhalten, das auf schlanken Stützen ruht und so weit vorkragt, dass Besucher mit dem Wagen vorfahren können. Das den Vorplatz deckende Kopfsteinpflaster stammt noch aus der Erbauungszeit und greift in seiner Musterung das Natursteinraster des Hochhausgebäudes auf. Die drei 2-flügeligen, verglasten Eingangstüren zieren bronzene Türgriffe, auf denen der Glanzstoff-Löwe es soll sich um einen Entwurf des Bildhauers Arno Breker handeln zu sehen ist. Das großzügige, durch vier marmorverkleidete Stützen gegliederte Foyer, das den gesamten Mittelteil des Hochhauses einnimmt, ist mit edlen Materialien, toskanischem Travertin und grünem "Vert des Alpes", verkleidet und bis auf den Einbau einer neuen Rezeption im Wesentlichen unverändert erhalten. Dem Haupteingang gegenüberliegend befinden sich die Versorgungsanlagen des Hochhauses: 5 Fahrstühle, Toilettenanlagen und das seitlich der Aufzüge angeordnete Mitteltreppenhaus. Auch die beiden Nebeneingänge an der östlichen Längsseite des Hochhauskörpers weisen noch die originalen verglasten Türblätter mit Stahlrahmeneinfassung auf. Die Innenraumdisposition der Bürogeschosse entspricht vom Grundsatz her immer noch den Entwürfen Dustmanns, die auf Grund der konstruktiven Gegebenheiten das Prinzip flexibler Büroraumgrößen vorsahen. Die Innenausstattung z. B. Türblätter, Beleuchtungskörper, Fußbodenbeläge hat jedoch beinahe in allen Geschossen Veränderungen erfahren, was den Dokumentationswert des rein funktional angelegten Rasterssystems aber nicht schmälert. An der südlichen Schmalseite des Hochhausgebäudes leitet ein 3 ½-geschossiger, bewusst zurückhaltend gestalteter Baukörper über zum Gebäude des ehemaligen Apollokinos. Die Baumaterialien und gestalterischen Details entsprechen denen des Hochhausgebäudes, dessen Anbindung und an die Nachbarbebauung eine maßstäbliche Steigerung des Gesamtensembles bewirkt. Das 1957 fertig gestellte, nordsüdlich ausgerichtete Kasinogebäude an der Herzogstraße ist ein 3-geschossiger, über längsrechteckigem Grundriss errichteter Baukörper mit aufgesetztem Dachgeschoss und Dachgarten. Konstruktion, Fassadenbehandlung und gestalterische Details entsprechen denjenigen des Hochhauses. Ein verglaster Verbindungsbau führt vom 1. Obergeschoss des Hochhauses hinüber zum Kasino, das auch vom Vorplatz an der Herzogstraße zugänglich ist und an der westlichen Längsseite einen überdachten Eingang aufweist. Im Inneren des Kasinogebäudes haben keine wesentlichen Veränderungen stattgefunden. Im Erdgeschoss befinden sich die Kantinenküche und zwei Besprechungszimmer, der 2-geschossige Speisesaal wird 3-seitig von Emporen eingefasst, hat ein Bühnenpodium und kann in einen Film-, Vortrags- oder Festsaal verwandelt werden. An die Nordost-Ecke des Kasinogebäudes grenzt ein 3-geschossiges Wohn-Geschäftshaus, dessen über trapezförmigem Grundriss errichteter Baukörper Materialwahl und Durchbildung der Details entsprechen dem übrigen Gebäudekomplex eine Anbindung an die Häuserzeile in der Herzogstraße schafft. Die dreifach gestaffelte Baugruppe des Textil-Technischen-Institutes an der Bankstraße ist 1962 in einem 2. Bauabschnitt errichtet worden. Der ursprünglich 3-geschossige Baukörper ist 1964 von Dustmann um ein 3. Obergeschoss und Staffelgeschoss erweitert worden. Die Gestaltung des Außenbaues entspricht den Gebäuden des 1. Bauabschnittes. Begründung Die Gebäudegruppe der Vereinigten Glanzstoff AG ist bedeutend für die Geschichte des Menschen als Zeugnis des Wiederaufbaus in den 1950er Jahren und Einführung der Bauaufgabe Hochhaus in Wuppertal. Sie ist bedeutend für die Stadt Wuppertal, da sie als Verwaltungsgebäude eines bedeutenden Unternehmens eine bestimmte architekturhistorische Epoche der Nachkriegszeit dokumentiert und einen entscheidenden städtebaulichen Akzent im Elberfelder Stadtzentrum setzt. Für die Erhaltung und Nutzung des Objektes liegen wissenschaftliche, insbesondere architekturhistorische, orts- und wirtschaftsgeschichtliche sowie städtebauliche Gründe vor. Die Gebäudegruppe der Vereinigten Glanzstoff AG stellt ein qualitätsvolles, gut erhaltendes Architekturensemble der 50er Jahre dar und dokumentiert anschaulich architektonische Tendenzen der Nachkriegsjahre. Das Hochhausgebäude, das zu den ersten Hochhausbauten der Nachkriegszeit zählt, stellt ein typisches Zeugnis für den Verwaltungsbau der 50er Jahre dar, der sich als Produkt aus Konstruktion und Gebrauchszweck wie bei allen Verwaltungsbauten üblich offenbart. Der Rasterbau als Ausdruck konstruktiver und räumlicher Ordnung ist logisches Erscheinungsbild des Skelettbaus Konstruktionsprinzips und der Addition vieler gleicher Raumeinheiten. Dennoch sind am Glanzstoff-Hochhaus traditionell bewährte Gestaltungsprinzipien auszumachen, die die Verwurzelung Dustmanns in der klassischen Baukunst offenbaren. Die Wahl eines Konstruktionsprinzips, das auf die streng modulare Komposition amerikanischer Prägung (vgl. Mannesmann-Hochhaus, Düsseldorf) verzichtet, die Verkleidung des Hochhauskörpers mit Travertin- und Muschelkalkplatten, deren unterschiedliche Farbigkeit zu einer dekorativen Gliederung der Wandflächen genutzt wird (Geschossgesimse und Lisenen assoziierend), die optisch kaum wahrnehmbaren Höhenunterschiede zwischen Erdgeschoss und 15. Obergeschoss (4,80 m) und den übrigen Obergeschossen (3,20 m), womit ein Sockel- und Abschlussgeschoss angedeutet wird, die Akzentuierung des zentriert angelegten Eingangsbereiches mit einem dominanten Vordach, alle diese Gestaltungselemente sind einer akademischen Architekturauffassung verpflichtet. Das zitieren klassischer Ordnungsprinzipien, der Verzicht auf Transparenz bei der Fassadengestaltung und konsequentes Sichtbarmachen des Konstruktionsprinzips: Auf Grund dieser Kriterien sind Dustmanns Bauten exemplarisch für die konservative Strömung der 50er Jahre-Architektur. Der Gebäudekomplex der Vereinigten Glanzstoff AG mit seiner Hochhausdominante dokumentiert zudem als Einzelobjekt und im Kontext mit der 50er-Jahre-Bebauung am Friedrich-Ebert-Kasino-Straßenkreuz, der Stockwerksgarage Kasinostraße 28 und dem Verwaltungsgebäude des Elberfelder Finanzamtes Kasinostraße 12, städtebauliche Theorien und Konzepte der Nachkriegszeit, die mit Schlüsselbegriffen wie "Schwingung", "fließender Raum" zur Schaffung eines neuen Lebensgefühls in einer "aufgelockerten Stadt" beitragen wollten. Zeitgenössische Kritiker empfanden es als wohltuend, dass die Neubauten der Glanzstoff AG nicht nur die Einkaufsstadt vom Banken- und Finanzamtviertel trennten, sondern auch "in dynamischem Gegensatz zur Talsohle und den vielfach schlauchartig parallel dazu verlaufenden Straßen und Häusern..." stünden. Mit der Vorstellung einer rhythmisch gegliederten "Stadtlandschaft" wurde eine bewusste Abkehr vom axial ausgerichteten, hierarchischen Ordnungsprinzipien folgenden Städtebau des dritten Reiches einerseits und den unübersichtlichen, verschachtelten Strukturen vergangener Epochen vollzogen. Die Neuinterpretation räumlicher Kontexte in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, deren Grundsatzdiskussion von Begriffen wie Rhythmus, Bewegung und Asymmetrie bestimmt wurde, findet in der Bautengruppe der Vereinigten Glanzstoff AG ein Zeugnis von hoher Authentizität und gelungener städtebaulicher Wirkung. Die Gebäudegruppe hat darüber hinaus Zeugnischarakter für die Wirtschafts- und Unternehmensgeschichte Elberfelds. Die 1899 in Elberfeld gegründete Vereinigte Glanzstoff-Fabriken AG hatte ihren Unternehmenssitz bereits 1901 von Aachen nach Elberfeld verlegt. Die hervorragenden Zukunftschancen der Chemiefasertechnologie und Produktion nach dem Zweiten Weltkrieg gaben dem Unternehmen die Möglichkeit, ein repräsentatives, der wachsenden Prosperität des Unternehmens gebührendes Bauprojekt in Angriff zu nehmen, das zudem eine empfindliche Lücke im städtischen Organismus Elberfeld schloss. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass es sich bei o. g. Objekt um ein Denkmal im Sinne des § 2 DSchG NW handelt. Es ist bedeutend für die Stadt Wuppertal und die Wirtschaftsgeschichte der Stadt. Für seine Erhaltung liegen wissenschaftliche, insbesondere architekturgeschichtliche und städtebauliche Gründe vor. Literatur und Quellen: Frielingsdorf, Joachim, Das Glanzstoff Hochhaus. In: Polis 2/91, S. 6 f. Busmann, Johannes, Architektur in Wuppertal, 1993, S. 30 Wir vom Glanzstoff, H. 9/10 1959, 60 Jahre Glanzstoff, 60 Jahre Chemiefaser in Deutschland General-Anzeiger der Stadt Wuppertal, 8. Februar 1958 Hetzelt, Friedrich, Wuppertal, ein Sonderfall beim Wiederaufbau kriegszerstörter Großstädte. In: Die Bauverwaltung Jg. 6/H 4 1957, S. 136 151 Plan- und Aktenmaterial aus dem Glanzstoff-Archiv.