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Kulturbüro

Episoden aus dem Kulturbüro: Performancefestival

Wie schon Beuys sagte: „Ich kenne kein Weekend“

Zwischen dem 2. und 6. Juni haben wir unser Performancefestival „Die Unendlichkeit des Augenblicks. Aufführungskünste nach Beuys“ über die Bühne gebracht. Im wahrsten Sinne.

Was für eine Punktlandung! Nachdem die Wuppertaler Inzidenz sich ewig nicht entscheiden konnte, ob sie nun sinken will oder nicht, nach immer wieder erneutem Abwägen strickten wir unser Performancefestival schließlich um – „hybrid“, wie man heute so schön sagt. Tja, leichter gesagt als getan, wenn alle Beiträge auf Live-Publikum ausgerichtet sind und man sich einen Veranstaltungsort ausgesucht hat, der zwar wahnsinnig atmosphärisch ist, aber weder über Strom noch über Internet verfügt, dafür aber über eine ganze Menge Staub, Bauschutt und Krach. Nach einem gewaltigen Kraftakt für alle Beteiligten standen wir pünktlich zur Eröffnung auf stew.one in den Startlöchern – mit einem Programm, das angereichert mit Zwischenmoderationen, Live-Reportageformaten und interaktiven Möglichkeiten den digitalen Festivalbesuch so lebensecht wie möglich gestalten sollte. Und obwohl viele Details mit heißer Nadel gestrickt wurden, geschahen in dieser ersten Juniwoche fantastische Dinge:

BAZON BROCK hielt mit zehn Gästen das zehnstündige Action-Teaching „Ich trete aus der Kunst aus!“ ab, bekam eine Geburtstagstorte und brachte einen Redner zum empörten Verlassen der Runde. SHOWCASE BEAT LE MOT verwöhnten uns in „Remode Zombie Andy Beuyz“ nicht nur mit Selbstgekochtem auf Sterne-Niveau, sondern auch mit sinnesschärfenden Fahrten in Sarkophagen aus rollbaren Flightcases. Unter dem Aufruf „Schütze die Flamme!“ trugen neben zahlreichen Wuppertaler:innen auch der Oberbürgermeister und der Opernintendant eine bedeutungsschwere Fackel durch die Stadt, initiiert von der MOBILEN OASE, DIE WÜSTE LEBT! und der FÄRBEREI. Die JACKSON POLLOCK BAR erweckte mit ihrer Playback-Performance „Der Hang zum Gesamtkunstwerk“ Joseph Beuys, Bazon Brock und weitere Zeitgenossen zu neuem Leben. Das Musikensemble PARTITA RADICALE lehrte uns mit der „Etüde der Langsamkeit“, sehr genau hinzuhören und bei Tee und Musik die Zeit zu vergessen. Mit einer Aufzeichnung von „Postcards from Vietnam“ gedachten wir dem kürzlich verstorbenen Performancekünstler RAIMUND HOGHE. Prominent besetzte Diskussionsrunden zu Themen wie Archivierungspraktiken der Performancekunst, das Erleben von Zeitlichkeit, die Frage des Gesamtkunstwerks und Beuys‘ Soziale Plastik brachten zusammen, was zusammengehört: Kunst und Wissenschaft.

Besonders schön war aber, dass der Inzidenzwert doch noch kurzfristig ermöglicht hat, einige Stationen des Festivals analog zu besuchen: Durch die VR-Brillen des Kollektivs RIMINI PROTOKOLL blickten die Besucher:innen des Projekts „Feast of Food“ in der Galerie Kunstkomplex direkt in die Abgründe der Nahrungsindustrie. Bei der „Registrierungsstelle für handhabbare Freiheit“ in UTOPIASTADT wurden zahlreiche Ideen und Wünsche ordnungsgemäß in Anträgen erfasst und in liebevolle Kunstwerke aus Papier verwandelt. In der Heilkünstlerei von OLAF REITZ und ANDY DINO IUSSA erkannten sich die Zuhörer:innen der Soundcollage in den gesammelten Geschichten von Ängsten, Schmerz und Verletzungen selbst wieder. Im Glashaus des Kollektiv IMPACT moderte das Kleinreden von Leugner:innen des Alltagsrassismus – und aus dem Zelt gegenüber erklangen auf Initiative des Netzwerks Community & Solidarity die erstarkten Stimmen von Betroffenen mit einem ganz eigenen Programm. Dass letztendlich alles so reibungslos geklappt hat, verdanken wir der Kreativität der Künstler:innen, Davids kühlem Kopf und einem phänomenalen Team aus Techniker:innen, das unsere kühnsten Ideen umgesetzt hat, als gäbe es nichts Leichteres als das.

So anstrengend Wochen wie diese sind – denn das Tagesgeschäft steht währenddessen nicht eine Sekunde still – so intensiv erinnern sie uns aber auch daran, warum wir diesen Job so gerne tun. Und gerade in diesen Zeiten tut es so gut, dass endlich wieder etwas Echtes passiert, ganz real und zum Anfassen, dass es wieder Begegnungen, Meinungsaustausch und künstlerische Ereignisse gibt, die den eigenen Tellerrand vom Lockdown-Modus zurück auf ein tragbares Niveau heben. Möge es so bleiben. Und mögen aus diesem Festival neue Ideen erwachsen, die uns erneut in derart beflügelnde Hektik bringen!

Auf Facebook und Instagram findet ihr Eindrücke des Festivals.

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  • Stadt Wuppertal

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