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Der Grüne Zoo Wuppertal

Tierversuche im und mit dem Grünen Zoo Wuppertal

Tierversuche im Wuppertaler Zoo? Kann das sein? – Ja das ist so! Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Grünen Zoos Wuppertal beteiligen sich an Tierversuchen und führen diese auch auf dem Gelände des Zoos und darüber hinaus durch. Doch was genau steckt dahinter?

Ohne Forschung in Zoos, die auch Tierversuche miteinschließt, würde es an vielen wissenschaftlichen Erkenntnissen mangeln, die zum Wohle von Zoo- und Wildtieren weltweit eingesetzt werden. Erkenntnisse an gehaltenen Tieren (ex-situ) kommen somit nicht nur ihren Artgenossen in Zoos zugute, sondern helfen auch den Tieren in ihrem angestammten Lebensraum (in-situ). Deshalb ist Forschung im Zoo ein wichtiger Beitrag zum Natur-, Tier- und Artenschutz, der im Grünen Zoo Wuppertal nachhaltig verfolgt wird.

Was ist ein Tierversuch?

Im Deutschen Tierschutzgesetz sind Tierversuche definiert als Eingriffe oder Behandlungen zu Forschungszwecken an Tieren, wenn sie mit Schmerzen, Leiden oder Schäden für diese Tiere verbunden sein können. Können bedeutet in den meisten Fällen allerdings nicht, dass sie es tatsächlich auch sind. Ganz im Gegenteil. Durch eine konsequente und exakte Vorbereitung und eine detaillierte Versuchsplanung wird das Risiko für Schmerzen, Leiden oder Schäden für die Tiere bestmöglich minimiert und es werden genaue Abbruchkriterien für einen Versuch definiert, deren Einhaltung streng überwacht werden. 

Ein Tierversuch unterliegt strikten Auflagen und bedarf einer Behördlichen Genehmigung. Der Schweregrad der Belastung eines Tierversuches wird generell in vier Kategorien eingeteilt: Geringe, mittlere, schwere Belastung sowie Letalversuche, bei denen das Versuchstier nach oder während des Tierversuches eingeschläfert wird. Schwerbelastende oder letale Versuche wurden bisher im Grünen Zoo Wuppertal nicht durchgeführt, jedoch gering und mittelschwer belastende. Was bedeutet das? Als gering belastende, aber dennoch genehmigungspflichtige Tierversuche gelten Untersuchungen auch dann bereits, wenn keine wesentlichen Beeinträchtigungen des Wohlergehens und des Allgemeinbefindens bei den Tieren verursacht werden. Dies können Behandlungen sein, die auch bei Menschen oder Tieren in der ärztlichen bzw. tierärztlichen Praxis ohne Narkose (Anästhesie), ohne eine Form der Schmerzausschaltung (Analgesie) oder ohne weitere Schutzmaßnahmen erfolgen würden. Hierunter fallen beispielsweise Injektionen oder eine Blutentnahme, wie sie zu Untersuchungszwecken oder zur Behandlung häufig durchgeführt werden. Der Unterschied ist nun jedoch, dass diese Maßnahmen explizit zu Forschungszwecken und eben nicht im Rahmen einer Routineuntersuchung oder einer Behandlung durchgeführt werden.

Interessanterweise gelten auch Wahlversuche aus wissenschaftlichem Interesse als Tierversuch. Dies könnten Versuche sein, bei denen die Tiere lediglich zwischen unterschiedlichen Futtermitteln, Einrichtungsgegenständen, Geräuschen oder unterschiedlicher Einstreuarten wählen sollen. Auch wenn dies absolut sinnvoll ist, um die Tierhaltung beständig zu optimieren und sowohl Fütterung als auch Gehege tiergerecht zu gestalten, kann dies möglicherweise bereits als genehmigungspflichtiges Tierversuchsvorhaben mit geringem Schweregrad angesehen werden. Tierversuche werden also auch im Zoo und nicht nur in Laboren oder Universitäten durchgeführt.

Warum werden Tierversuche in zoologischen Einrichtungen durchgeführt?

Wissenschaftliche Forschung und die daraus gewonnenen Erkenntnisse sind die Grundlage gezielter Maßnahmen für den Erhalt der biologischen Vielfalt. Entsprechend sind Zoologische Gärten in Europa per Gesetz (EU Richtlinie 1999/22/EG[1]) dazu angehalten, sich an Forschung zu beteiligen, die zur Erhaltung der Arten beiträgt. Zoos halten weltweit ungefähr 10.000 Tierarten – ein immenses Potenzial für die Forschung, das von vielen Zoos genutzt wird: Zoomitarbeiterinnen und Zoomitarbeiter forschen und publizieren eigenständig anhand der Zootierbestände, biologischer Proben und Informationen aus zoointernen und international vernetzten Wildtierdatenbanken. Zudem ermöglichen sie externen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern den Zugang hierzu.

In zoologischen Einrichtungen handelt es sich bei Tierversuchen fast ausschließlich um Vorhaben mit geringem Belastungsgrad und dem Ziel der Grundlagenforschung zur Biologie der Tiere, zur Verbesserung der Haltungsbedingungen und zum Wohlbefinden der Tiere. Aber auch veterinärmedizinische, genetische und biochemische Fragstellungen werden bearbeitet. Diese Art der Tierversuche belastet die Tiere kaum. In der Regel werden biologische Proben (Blut, Urin, Speichel o.ä.) von den Tieren gewonnen oder ihr Verhalten wird beobachtet.  

Anhand der Ergebnisse können die Tiere nach neusten wissenschaftlichen Erkenntnissen bestmöglich gehalten und veterinärmedizinisch versorgt werden. Auch für die wissenschaftlich basierte Erhaltungszucht liefern Tierversuche hinsichtlich taxonomischer und genetischer Aspekte wichtige Grundlagen mit deren Hilfe man einen gesunden Tierbestand aufrecht erhalten kann. Die Ergebnisse von Tierversuchen in Zoos und Aquarien werden in der Regel in wissenschaftlichen Journalen veröffentlicht und somit der weltweiten Zoo- und Forschungsgemeinschaft sowie der allgemeinen Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Dadurch können sie weitere Anwendung finden als Grundlage für wissensbasierte Entscheidungsprozesse sowie Projekte aus den Bereichen Tier-, Natur- und Artenschutz. Eine Übersicht von wissenschaftlichen Untersuchungen, an denen Tiere in Zoos und Aquarien beteiligt sind, finden Sie in der online Datenbank „Zoo Science Library[2]“ und weiterhin in der VdZ Broschüre „Forschungsort Zoo[3]“.

Welche Tierversuche werden jetzt explizit in Wuppertal durchgeführt?

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Grünen Zoos Wuppertal beteiligen sich an einem Tierversuchsvorhaben zur Rettung des Feuersalamanders (Salamandra salamandra) im bergischen Land, da die natürlichen Bestände von einem aus Asien eingeschleppten Hautpilz namens Batrachochytrium salamandrivorans (Bsal) bedroht werden. Die heimischen Salamander sterben nach Infektion zu beinahe 100%. Der Tierversuch umfasst die Beprobung mittels Hautabstrich, die tiermedizinische Behandlung und die Erhaltungszucht der Tiere. Auch Wissenschaftlerinnen und Studierende der bergischen Universität Wuppertal, der Zooverein Wuppertal, Mitarbeitende aus kooperierenden Zoos und der lokalen Veterinär- und Artenschutzbehörden sind daran beteiligt. In Zusammenarbeit mit der Universität Gießen und dem dortigen Landesbetrieb Hessisches Landeslabor (LHL) wird zudem eine Dissertation zur Verbesserung des Bsal-Nachweises am Grünen Zoo angefertigt.

Die Futterverwertung und die anschließende Methangasproduktion von Halsbandpekaris (Pecari tajacu) oder die Verdauungsgeschwindigkeit von Davidshirschen (Elaphurus davidianus) sind weitere Beispiele für Tierversuche im Wuppertaler Zoo. Ein anderes Versuchsvorhaben beschäftigt sich mit der Erforschung des Gartenschläfers (Eliomys quercinus), dessen natürliche Bestände seit Jahren rückläufig sind. Als Teil eines großen Projektes mit dem Titel „Spurensuche Gartenschläfer“, welches vom Bundesamt für Naturschutz und vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit gefördert, vom BUND unterstützt und durch die Justus-Liebig-Universität Gießen koordiniert wird, werden die Verbreitung, die Habitatnutzung, die Genetik sowie die Gesundheit der Bilche untersucht. Proben werden in Narkose genommen und zur Nachverfolgung werden kleine Sender angelegt. Ähnliche Versuchsvorhaben beinhalten die Probenentnahme und die Nachverfolgung von Wildkatzen (Felis silvestris) im hessisch-nordrheinwestfälischen Grenzgebiet, von Fischen im Rhein sowie von Habichtskäuzen (Strix uralensis) in Nordbayern, welche im Oberpfälzer Wald wieder angesiedelt werden sollen, nachdem sie dort zu Beginn des 20. Jahrhunderts ausgerottet wurden.

 

Auf Grund zunehmender Infektionsgefahren, teils auch auf Grund von eingeschleppten Krankheitserregern, erforschen Wuppertaler Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Eignung von Impfstoffen bei Zootieren, um Zootiere und Zuchtpopulationen zu schützen. Hier werden ein Pferdeimpfstoff zum Schutz gegen das West-Nil-Virus bei Zoovögeln und ein Impfstoff zum Schutz vor Tetanus bei Elefanten untersucht, um schwere Erkrankungsverläufe und Todesfälle zu verhindern.

Wer genehmigt Tierversuche?

Jeder Tierversuch muss gemäß des Tierschutzgesetzes einen behördlichen Genehmigungsprozess durchlaufen, im Rahmen dessen die Antragstellenden eine ausreichende Sachkenntnis sowie passende personelle und materielle Ausstattung vorweisen müssen. Das Versuchsvorhaben muss von einem Tierschutzbeauftragten befürwortet und von einer unabhängigen Tierschutzkommission geprüft werden. Diese Tierschutzkommission setzt sich mehrheitlich aus fachkundigen Tierärzt/-innen, Ärzt/-innen und Wissenschaftler/-innen sowie Personen aus den Bereichen Ethik, Philosophie, Theologie oder Rechtswissenschaften zusammen. Mehr über den Genehmigungsprozess von Tierversuchen und über die Aufgaben von Tierschutzbeauftragten erfahren Sie bei der Informationsinitiative „Tierversuche verstehen“ [4],[5].

Wer kontrolliert Tierversuche?

Die Tierschutzbeauftragten prüfen vor und während der Versuche, ob die Forschenden alle gesetzlichen Auflagen und Bestimmungen einhalten. In Deutschland sind Tierschutzbeauftragte in der Regel von der jeweiligen Behörde oder dem Forschungsinstitut angestellt, aber per Gesetz ihrem Arbeitgeber gegenüber nicht weisungsgebunden. Die kontrollierende Funktion in Zoos übernehmen häufig Tierschutzbeauftragte aus universitären oder anderen wissenschaftlichen Einrichtungen. Zusätzlich wird jeder Tierversuch von unabhängiger Seite, etwa dem kommunalen Veterinäramt, überwacht. Das Amt prüft, ob die Versuche vorschriftsgemäß dokumentiert, korrekt durchgeführt und die Tiere tiergerecht gehalten und so wenig wie möglich belastet werden.

Was besagt das 3R Prinzip?

Das  3R Prinzip[6]  wurde 1959 von den britischen Wissenschaftlern William Russel und Rex Burch postuliert. Die „3R“ stehen für die Reduzierung (Reduction) und Verfeinerung (Refinement) von Tierversuchen sowie die Entwicklung von Alternativmethoden (Replacement). Das 3-R-Prinzip ist in´tegraler Bestandteil einer jeden Versuchsplanung und wird im Grünen Zoo Wuppertal sowie von allen anderen Mitglieder des Verbands der Zoologischen Gärten (VdZ) unterstützt und umgesetzt, um nur so viele Tierversuche wie unbedingt nötig durchzuführen, die so wenig belastend wie möglich sind.


 
[1] https://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do? (Öffnet in einem neuen Tab)
[2] https://www.zoosciencelibrary.org/de (Öffnet in einem neuen Tab)
[3] https://www.vdz-zoos.org/fileadmin/Materialien/VdZ-Forschungsbroschuere.pdf (Öffnet in einem neuen Tab)
[4] https://www.tierversuche-verstehen.de/genehmigungsverfahren/ (Öffnet in einem neuen Tab)
[5] https://www.youtube.com/watch?v=iESj5u5YX8Y (Öffnet in einem neuen Tab)
[6] https://www.tierversuche-verstehen.de/das3rprinzip/ (Öffnet in einem neuen Tab)

 

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