Inhalt anspringen

WuppertalKultur & Bildung

Das Sonnborner Kreuz (November 2013)

Das Sonnborner Kreuz

Hilfe, mein Navi hat versagt! Ein amerikanisches Straßenkreuz ist halt nichts für ein deutsches Navi. Halt, wer redet denn hier von Amerika, das ist deutsche Realität, besser gesagt: Wuppertaler Realität, noch genauer gesagt: Sonnborner Realität. Ob mit dem Auto, mit der Bahn oder Schwebebahn, wer Richtung Düsseldorf fährt, kann diesem Kreuz nicht entgehen. Und wer hier von der A 46 abbiegen will, sollte entweder ortskundig sein, genau die Verkehrsschilder lesen und wissen, wo er hin will oder eben, ein funktionstüchtiges Navi haben.

 

Der Verkehr hat ja in Sonnborn schon immer eine größere Rolle gespielt. Im Mittelalter verlief hier die wichtige Handels-, Heer- und Pilgerstraße vom Rhein nach Paderborn, in den 1840er Jahren dampfte die neu erbaute Eisenbahn von Düsseldorf nach Steinbeck hier durch und überquerte die Wupper auf dem neuen Sonnborner Viadukt. Auch eine Eisenbahnverbindung ins Ruhrgebiet war 1847 fertiggestellt, so dass der Kohlenbedarf der aufstrebenden bergischen Städte abgewickelt werden konnte. Ab 1898 kam dann auch noch die Schwebebahn hinzu, die von Vohwinkel bis Sonnborn über der Straße verläuft und tatsächlich das Eisenbahnviadukt unterquert. Mit Verkehrsknoten hatte man hier also früh Erfahrung.

 

Und dann kamen die für Sonnborn im wahrsten Sinne des Wortes einschneidenden 1970er Jahre. Im Zuge der Begeisterung für große Verkehrsprojekte hatte man Ende der 1960er Jahre beschlossen, das größte und modernste Autobahnkreuz Europas zu bauen und das ausgerechnet in Wuppertal-Sonnborn. Eine geradezu abenteuerliche Vorstellung bei den vielen Schwierigkeiten, die es zu überwinden galt, allein schon durch die vielen Straßen, die hier zusammen- bzw. auseinanderlaufen: Die A 46 und A 535, die B 228, die L 74 Richtung Solingen/Remscheid und die L 418 Richtung Wuppertal-Cronenberg, dazu die ganzen Auf- und Ausfahrten und Querverbindungen im Bereich des Kreuzes. Außerdem schwierige geografische Bedingungen, ein dichtbesiedelter Stadtteil, die Wupper usw. Die Fachwelt blickte voller Interesse nach Sonnborn.

 

Natürlich gab es auch Proteste der Sonnborner Bevölkerung gegen das Großprojekt, aber durchaus auch Begeisterung dafür. Die Gegner konnten sich letztendlich nicht durchsetzen. Schließlich schlugen Bagger eine Schneise in den Ortskern. 65 Gebäude mit 576 Wohnungen, darunter viele bergische Schiefer- und Fachwerkhäuser, wurden platt gemacht, 2000 Bewohner wurden umgesiedelt, Geschäfte und Gasthäuser mit langer Tradition verschwanden. Ja sogar die von 1870 bis 1879 erbaute neugotische St. Remigius-Kirche wurde Anfang der 1970er Jahre abgerissen, der Turm 1973 gesprengt. Sie fand sich allerdings 1976 als elliptischer Rundbau wiedererrichtet.

 

6 Jahre später, am 16. Mai 1974 war das zu dieser Zeit größte innerstädtische Autobahnkreuz Europas für den Verkehr freigegeben. 150 Mio. DM, die Hälfte der Gesamtbaukosten der A 46, waren verbaut worden. Der Ortskern von Sonnborn war von der Fahrbahn in zwei Teile zerschnitten worden, die Bagger hatten fast eine Million Kubikmeter Erde bewegt, die Wupper war tiefer gelegt, Schwebebahn und Straßen höher gelegt worden, viele Brücken gebaut worden, im Kernbereich des Sonnborner Kreuzes allein 24.

 

Jahrelang mussten die Anwohner den Verkehrslärm von bis zu 80.000 Fahrzeugen täglich, die das Sonnborner Kreuz befahren, ertragen, bevor 2008 endlich Lärmschutzwände gebaut wurden, dazu kam die nächtliche Festbeleuchtung aus 656 Natriumdampflampen auf 52 Betonmasten in 30 bis 54 m Höhe. Immerhin, seit Wuppertal sparen muss, ist es am Sonnborner Kreuz nachts zappenduster, genauer gesagt, seit dem 30. September 2010. So können die Menschen in den Häusern am Kreuz hoffentlich wieder besser schlafen.

 

Opfer des neuen Autobahnkreuzes wurde auch die ehemalige Hauptverkehrsstraße durch Sonnborn, die Sonnborner Straße, denn die Autobahn hat sie einfach zur Sackgasse gemacht, aber dafür wurde sie durch Renovierungs- und Gestaltungsmaßnahmen aufgehübscht und jedes Jahr findet unter der Schwebebahn ein großer Flohmarkt auf ihr statt. Und wer dort bummelt, vergisst sicher gerne, dass ein paar Meter weiter der Verkehr tobt.

Erläuterungen und Hinweise

Auf www.wuppertal.de verwenden wir ausschließlich technisch notwendige Cookies sowie das Webanalysetool Matomo zur anonymisierten statistischen Auswertung. Ihre Einwilligung können Sie jederzeit in unseren Datenschutzeinstellungen widerrufen. Weitere Informationen und Hinweise finden Sie in der Datenschutzerklärung.

Datenschutzeinstellungen (Öffnet in einem neuen Tab)
Seite teilen