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WuppertalKultur & Bildung

Die Hebammenlehranstalt Elberfeld

Die Hebammenlehranstalt Elberfeld

Nach stundenlangem Ritt durch die dunklen bergischen Wälder erreichten wir auf einer Anhöhe den Waldrand des Mirker Hains in der Nähe von Elberfeld. Zwischen den Bäumen tauchte vor uns die mächtige Elberfelder Burg auf. Nur noch ein kurzer Weg trennte uns von einem hoffentlich fürstlichen Ritterschmaus, denn unsere Mägen hingen uns auf den Knien und die Pferde brauchten dringend eine Ruhepause. Aber…waren wir falsch geritten? Die Elberfelder Burg wurde doch im 17. Jahrhundert schon endgültig dem Erdboden gleichgemacht!... Schade, hätte eine schöne Geschichte werden können.

 

Nein, der Fotograf Max Biegel hat die Elberfelder Hebammenlehranstalt aus der Ferne durch die Bäume hindurch abgelichtet und wenn man nur flüchtig hinschaut, könnte man sie durchaus für eine Burg halten. Sie liegt tatsächlich auf einem Hügel nahe am Waldrand, wie es Burgen auch gerne zu tun pflegen. Wieso gibt es denn da überhaupt eine Hebammenlehranstalt? Nun, das war so:

 

Napoeleon hatte bereits im Jahre 1809 eine Hebammenlehranstalt in Köln eingerichtet. Diese war jedoch spätestens Ende des 19. Jahrhunderts hoffnungslos überlastet, weil die Zahl der Hebammenschülerinnen und der Geburten beständig zunahm. Also musste sich der Provinziallandtag mit der Errichtung einer zweiten Anstalt zur Entlastung der Kölner Einrichtung befassen. Diese sollte in einer bevölkerungsreichen Stadt mit guter Verkehrsanbindung entstehen, wo es auch genug Schwangere und Wöchnerinnen geben würde. Die Städte Elberfeld und Essen konkurrierten miteinander, beide stellten kostenlos große Grundstücke zur Verfügung und Abgeordnete aus beiden Orten argumentierten heftig gegeneinander um den von ihnen präferierten Standort.

 

Am Ende hatte Elberfeld die Nase vorn, die Lage des Grundstücks auf einer Anhöhe an der Vogelsangstraße garantierte gute Luft, Ruhe und einen herrlichen Ausblick in die Landschaft. Wie meistens kostete dieser im Frühjahr 1901 begonnene Bau am Ende mit fast 1 Mio. Goldmark ca. 40 % mehr als ursprünglich geplant, dafür sollten 40 Hebammenschülerinnen gleichzeitig ausgebildet werden können und man war für einen stetig steigenden Patientinnenansturm zunächst gerüstet. Zwei Tage, nachdem der Junge Hans Vieth am 2. Oktober 1904 als erster neuer Erdenbürger hier das Licht der Welt erblickte, wurde die neue Hebammenlehranstalt Elberfeld offiziell feierlich eröffnet.

 

Wirklich entlasten konnte sie die Kölner Anstalt allerdings nicht, denn die Einwohnerzahl der Rheinprovinz und die Geburtenzahlen nahmen ständig zu und mit ihr die Zahl der Interessentinnen für den Hebammenberuf und so musste Köln trotz der zusätzlichen Einrichtung in Elberfeld im Jahre 1909 mit einem Neubau in Köln-Lindenthal nachlegen. Nur der 1. Weltkrieg hatte zwischenzeitlich für eine Reduktion von Geburten und Hebammenschülerinnen gesorgt, so dass in Elberfeld vorübergehend nur entbunden wurde, während die Hebammenausbildung in Köln stattfand. Ab dem 1. Oktober 1919 wurde auch in Elberfeld wieder ausgebildet.

 

Mit verschärften Ausbildungsbedingungen für die Hebammenschülerinnen durch das neue Gesetz zum 1.4.1923 über das Hebammenwesen ging deren Zahl drastisch zurück und führte 1924 zur Schließung der Kölner Hebammenlehranstalt und zur Verlagerung des Ausbildungsschwerpunktes nach Elberfeld. Hier musste nun umgebaut werden, um Schülerinnen, Personal und Patientinnen, die überwiegend aus dem Regierungsbezirk Düsseldorf kamen, aufnehmen zu können und eine hohe Zahl von Geburten, Untersuchungen und Beratungen durchführen zu können.

 

Konfrontationen mit dem nationalsozialistischen Regime und innerbetriebliche Konflikte führten am 1.7.1936 zum vorzeitigen Ruhestand des Anstaltsdirektors Prof. Dr. Eduard Martin. Unter seinem Nachfolger, Prof. Dr. Karl Julius Anselmino, wurde die Lehranstalt zur „Landesfrauenklinik der Rheinprovinz“ und es wurde fleißig neugestaltet und erweitert. Den 2. Weltkrieg überstand die Klinik ohne größere Schäden und im Jahre 1954 erhielt sie unter der Trägerschaft des 1953 neu gegründeten Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) den etwas sperrigen Namen „Rheinische Landesfrauenklinik und Hebammenlehranstalt Wuppertal“. Die Hebammenaus- und –fortbildung blieb Schwerpunkt der Klinik. In den 1960er Jahren wurde sie zur größten Hebammenlehranstalt Deutschlands.

 

Wegen sinkender Geburtenzahlen und steigender Kosten wanderte die Rheinische Landesfrauenklinik Wuppertal 1985 vom LVR in die Trägerschaft der Kliniken St. Antonius GmbH und lebt heute weiter als St. Anna-Klinik im Klinikverbund St. Antonius und St. Josef GmbH.

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